Textauszüge: Alltag  
     
 
     
     
 

Reparatur

 
 

In der Küche steigt sie ständig in nasse Stellen. Zuerst denkt sie, dass ihr beim Geschirrabwasch Wasser übergeschwappt ist. Nach mehrmaligem Aufwischen kommt es ihr seltsam vor. Da am Abend die gleiche Stelle noch immer nass ist, geht sie der Sache nach und verfolgt die Spur. Dabei entdeckt sie einen Fleck hinter dem Speicher. Der Untertischspeicher ist undicht. Na super, sie erinnert sich wie anstrengend es war, als sie vor Jahren dieses Monstrum anschließen musste. Aber es hilft nichts, es muss ein neuer Speicher her. Also ab ins Bauhaus. Dort gibt es zwar das Gewünschte in großer Auswahl und in den verschiedensten Preiskategorien, aber keine Beratung. Soll sie den Teureren nehmen oder tut es ein Billiger auch. Wo liegt der Unterschied, außer im Preis? Endlich, ein Fachmann. Auf ihre Anfrage, bezüglich des Billiggerätes, erfährt sie, dass die Funktionsdauer ungefähr sechs Jahre beträgt. „Und das Teure?“ „Sechs Jahre“, bekommt sie zur Antwort. Da überlegt sie nicht lange, packt die Schachtel unter den Arm, bezahlt und fährt heim.

Passendes Werkzeug wird gesucht, was nicht ganz realisierbar ist. Sie hat Gabelschlüssel in allen Größen, bis auf den einen den sie braucht. Nun da muss die Zange reichen, die Schrauben werden dabei malträtiert aber was soll’s.

Da läutet das Telefon ...

 
     
  Winterreifen  
 

Es ist irritierend. Laut Kalender ist es Winter. Doch die Temperaturen deuten eher auf einen Frühjahrsbeginn. Kommt der Winter noch? Gibt es heuer Schnee? Ehrlich gesagt, ich kann darauf verzichten. Zumindest in der Stadt. Die kindlichen Rodelfahrten sind lange vorbei und die Vorstellung an den schmutzig grauen Matsch auf den Straßen erfüllt mich mit Grauen. Außerdem sind auf meinem Auto noch immer die Sommerreifen montiert. Ich weiß, es gibt einige Selbstmordkandidaten, die behaupten, dass ein guter Fahrer keine Winterreifen braucht. Aber wozu soll ich mir das Leben erschweren. Ich kenne den Unterschied. Winterreifen erfüllen ihren guten Zweck. Meinen Nervenkitzel hole ich mir lieber woanders. Wenn Schnee liegt fahre ich entweder mit Winterreifen oder mit der Straßenbahn.

Doch wer wird sie montieren? Da liegen die Winterräder in der Garage und warten auf ihre Ausfahrt. Statt, dass sie sich selbst mit den Sommerreifen austauschen. Die Heinzelmännchen tauchen auch nicht auf. Aber Gott sei Dank, es schneit noch nicht. ...

 
     
  Schuld war der Majoran  
  Normalerweise steht das Glas ganz oben links, als Zweites in der Reihe. Doch die Farbe ließ mich zögern. Majoran ist nicht rot. Mit zusammen gekniffenen Augen versuchte ich die Aufschriften der Gewürzgläser zu entziffern. Der vor sich hinröstende Zwiebel unter meiner Nase erschwerte mir dies. Mit leisem Groll dachte ich dabei an meine Tochter. Die mit ihren seltenen Kochanfällen wieder alles durcheinander gebracht hatte. Mein Missfallen erweiterte sich auf die Herstellungsfirma der Gewürzgläser. Riesengroß war ihr Name auf das Etikett gedruckt. Doch die Aussage über den Inhalt war winzig klein geschrieben. Das fand ich nicht sehr hausfrauenfreundlich. Schließlich wollte ich nicht den ganzen Tag in der Küche verbringen, um eine Gemüsesuppe zu kochen. Resigniert holte ich die gute Lesebrille. Fand endlich den Majoran. Suchte nach weiteren Kräutern. Öffnete dabei die Lade mit der großen Auswahl der Vorratseinkäufe. Und ein Abgrund tat sich vor mir auf. Mit Schrecken erkannte ich, was ich bis jetzt ohne Brille, übersehen hatte. Krümel von der Kochschokolade, Reste der geriebenen Mandeln, vermischt mit Kartoffelstärke und Staubzucker, bedeckten den Boden der Lade. ...  
     
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